Veröffentlicht am März 12, 2024

Der Schlüssel zur Überwindung von Leistungsstagnation liegt nicht in härterem, sondern in strategisch getimtem Training.

  • Konstante Fortschritte erfordern eine geplante Variation der Trainingsparameter in 3-Wochen-Zyklen statt monotoner Belastung.
  • Blockperiodisierung mit bewussten Stabilisierungsphasen führt zu größeren Jahresfortschritten als eine rein lineare Steigerung.

Empfehlung: Analysieren Sie wöchentlich 5 Schlüsselmetriken, um Ihr Training datengestützt zu steuern und eine Überlastung zu vermeiden.

Für ambitionierte Radfahrer gibt es kaum etwas Frustrierenderes als das Gefühl, an eine gläserne Decke zu stoßen. Monatelanges, diszipliniertes Training, und doch bewegt sich der FTP-Wert (Functional Threshold Power) keinen Deut nach oben. Man folgt den gängigen Ratschlägen: mehr Kilometer, intensivere Intervalle, vielleicht sogar ein neues, leichteres Rad. Doch das Plateau bleibt hartnäckig bestehen. Viele Athleten landen in einer Endlosschleife aus ermüdenden Trainingseinheiten ohne messbaren Ertrag und fragen sich, ob sie ihr genetisches Limit bereits erreicht haben.

Die gängige Annahme ist, dass mehr vom Gleichen irgendwann zu mehr Leistung führen muss. Dieser Ansatz ignoriert jedoch ein fundamentales Prinzip der Trainingsphysiologie: die Adaptation. Der Körper ist eine hocheffiziente Maschine, die sich an wiederkehrende Reize anpasst und lernt, diese mit minimalem Energieaufwand zu bewältigen. Genau hier liegt die Wurzel der Stagnation, eine Form der Belastungshomöostase. Aber was, wenn der wahre Hebel nicht die schiere Menge an Training ist, sondern die präzise, strategische und zeitlich abgestimmte Veränderung der Trainingsreize? Wenn der Schlüssel darin liegt, die Adaptation des Körpers bewusst zu stören, bevor sie zur Gewohnheit wird?

Dieser Artikel bricht mit dem Mythos der linearen Progression. Wir werden eine systematische Methode vorstellen, die auf zyklischer Variation und datengestützter Steuerung basiert. Sie werden lernen, welche Parameter Sie wann ändern müssen, wie Sie Überlastung und Erholung strategisch planen und wann der richtige Zeitpunkt ist, um Ihren Fortschritt wirklich zu messen. Das Ziel ist klar: kein weiteres Jahr auf demselben Niveau, sondern ein planbarer Weg zu einer jährlichen FTP-Steigerung von 10 % oder mehr.

Um diese strategische Herangehensweise zu verstehen, werden wir die typischen Ursachen der Stagnation analysieren, verschiedene Progressionsmodelle vergleichen und Ihnen konkrete Werkzeuge an die Hand geben, um Ihr Training präzise zu steuern. Der folgende Leitfaden ist Ihre Roadmap aus dem Leistungsplateau.

Warum stagnieren 80% der Radfahrer nach 2 Jahren bei derselben FTP?

Die anfängliche Euphorie ist groß: Im ersten Trainingsjahr schießen die Leistungswerte in die Höhe. Doch dann, oft nach etwa zwei Jahren, kommt der Stillstand. Ein Großteil der Hobbyradfahrer verharrt auf einem Leistungsniveau, das sich kaum noch verbessert. Der Grund dafür ist selten ein Mangel an Disziplin, sondern meist eine Falle, die als „Jedermann-Syndrom“ bekannt ist: monotones Training im mittleren Intensitätsbereich. Man fährt oft in der Gruppe, absolviert die Hausrunde im gewohnten Tempo oder spult GA1-Einheiten ab, ohne dem Körper neue, progressive Reize zu bieten. Laut Experten pendelt sich die Leistung bei den meisten Hobbysportlern auf einem Niveau von 3-4 W/kg ein, weil genau diese variablen Reize fehlen.

Dieses Phänomen lässt sich physiologisch erklären. Der Körper gewöhnt sich an eine bestimmte Belastungsart und optimiert seinen Energieverbrauch dafür. Ein Training, das vor sechs Monaten noch eine Herausforderung darstellte, wird zur Routine. Ohne eine gezielte Störung dieses Gleichgewichts, der sogenannten Belastungshomöostase, gibt es für den Organismus keinen Anlass, weitere Anpassungen wie eine verbesserte Sauerstoffaufnahme oder eine höhere Laktattoleranz vorzunehmen. Ein Forum-Beitrag eines Fahrers, der nach einem Jahr bei 150 Watt stagnierte, verdeutlicht dies: zu viel monotones GA1-Training ohne intensive Reize wie Sweet-Spot- oder VO2max-Intervalle führte direkt ins Plateau.

Gruppe von Radfahrern im gleichmäßigen Tempo auf deutscher Mittelgebirgsstraße

Wie das Bild einer homogenen Gruppe auf einer Mittelgebirgsstraße zeigt, führt das Fahren im „Wohlfühltempo“ zwar zu einer soliden Grundlagenausdauer, aber es stimuliert nicht die leistungsbestimmenden physiologischen Systeme, die für eine höhere FTP notwendig sind. Die Stagnation ist also kein Zeichen für das Erreichen des genetischen Limits, sondern ein klares Signal dafür, dass die Trainingsstrategie angepasst werden muss. Es geht nicht darum, immer mehr zu trainieren, sondern darum, bewusst anders zu trainieren.

Welche Trainingsparameter ändern Sie alle 3 Wochen für konstante Progression?

Um die Belastungshomöostase zu durchbrechen und kontinuierliche Anpassungen zu erzwingen, ist eine systematische Variation des Trainings unerlässlich. Anstatt willkürlich die Einheiten zu ändern, folgt die erfolgreichste Methode einem klaren Rhythmus: die zyklische Progression in 3-Wochen-Blöcken. In jedem Zyklus wird gezielt nur ein Parameter manipuliert, während die anderen konstant bleiben. Dies ermöglicht dem Körper, sich auf einen spezifischen Reiz anzupassen, ohne durch zu viele Veränderungen überfordert zu werden. Nach drei Wochen hat sich der Körper in der Regel an den neuen Reiz gewöhnt – der perfekte Zeitpunkt für die nächste geplante Störung.

Die Kunst liegt darin, die richtigen Parameter im richtigen Moment zu justieren. Hier sind vier bewährte Manipulationsstrategien im 3-Wochen-Rhythmus:

  • Pausendichte anpassen: Reduzieren Sie bei gleichbleibender Intervall-Intensität und -Dauer die Pausenlänge. Verkürzen Sie beispielsweise die Erholung zwischen Schwellenintervallen schrittweise von 4 auf 2 Minuten. Dies erhöht die metabolische Belastung und verbessert die Laktatverwertung.
  • Trittfrequenz variieren: Wechseln Sie zwischen Blöcken mit Fokus auf hohe Frequenzen (z.B. 100-110 U/min bei Sweet-Spot-Intervallen zur Verbesserung der neuromuskulären Effizienz) und Kraftausdauerblöcken (z.B. 50-60 U/min am Berg zur Steigerung der muskulären Kraft).
  • Intensität steigern: Erhöhen Sie bei gleicher Intervalldauer und Pausenlänge die Zielleistung. Steigern Sie beispielsweise die Intensität von Sweet-Spot-Intervallen graduell von 88 % auf 93 % der FTP.
  • Blockperiodisierung nutzen: Fokussieren Sie sich für eine Woche intensiv auf einen bestimmten Bereich, z. B. drei VO2max-Einheiten, gefolgt von einer leichteren Woche zur Superkompensation.

Die entscheidende Komponente dabei ist die Belastungssteuerung. Eine Steigerung des wöchentlichen Training Stress Score (TSS) muss immer im Verhältnis zur aktuellen Fitness (CTL) des Athleten stehen. Wie das Speed-Ville Coaching Team betont, ist eine Erhöhung um +50 TSS für einen erfahrenen Athleten mit einer hohen CTL unproblematisch, während es für einen Anfänger ein direktes Rezept für das Übertraining wäre. Die Parameter-Manipulation muss also immer individuell und im Kontext der Gesamtermüdung erfolgen.

Ständige Steigerung oder Stabilisierungsphasen: Was führt zu mehr Jahresfortschritt?

Der Wunsch nach schnellem Fortschritt verleitet viele Athleten zu einer rein linearen Steigerung der Trainingsbelastung Woche für Woche. Dieser Ansatz birgt jedoch ein hohes Risiko für Ermüdung und Stagnation. Eine weitaus effektivere und nachhaltigere Strategie ist die Blockperiodisierung, die gezielte Phasen hoher Belastung (Overreaching) mit ebenso geplanten Phasen der Stabilisierung und Erholung kombiniert. Anstatt die Belastung stetig leicht zu erhöhen, werden in kurzen Blöcken (typischerweise 2-3 Wochen) sehr hohe Reize gesetzt, gefolgt von einer Regenerationswoche, in der die eigentliche Leistungsanpassung (Superkompensation) stattfindet.

Der entscheidende Vorteil dieses Modells liegt in der Tiefe des Trainingsreizes. Während eine moderate wöchentliche Steigerung den Körper nur leicht aus dem Gleichgewicht bringt, zwingt eine intensive Blockwoche den Organismus zu weitaus stärkeren Anpassungen. Studien und Praxisbeobachtungen zeigen, dass Athleten mit diesem Ansatz deutlich größere Leistungssprünge erzielen. So kann ein strukturierter Wintertrainingsplan mit geplanten Überlastungs- und Erholungsphasen zu einer FTP-Steigerung von bis zu 60 Watt in nur drei Monaten führen. Diese Gewinne wären mit einer rein linearen Methode kaum denkbar.

Der folgende Vergleich verdeutlicht die unterschiedlichen Potenziale der Progressionsmodelle. Eine lineare Steigerung ist sicher, aber limitiert im Jahresfortschritt. Die Blockperiodisierung und das noch intensivere „Functional Overreaching“ (z.B. in einem Trainingslager) ermöglichen durch die tiefere Ermüdung eine deutlich stärkere Superkompensation und somit einen größeren Leistungszuwachs über die Saison.

Vergleich der Progressionsmodelle: Linear vs. Blockperiodisierung
Ansatz Wöchentliche TSS-Steigerung Erholungsphasen Jahresfortschritt
Lineare Steigerung 5-8% Alle 6-8 Wochen 5-8% FTP
Blockperiodisierung 15-20% (Blockwoche) Nach jedem 3-Wochen-Block 10-15% FTP
Functional Overreaching 25-30% (Trainingslager) Verlängerte Regeneration (7-10 Tage) 12-20% FTP

Stabilisierungsphasen sind also kein „verlorenes“ Training, sondern der entscheidende Moment, in dem der Körper die Früchte der harten Arbeit erntet. Sie sind der Katalysator, der Belastung in echte, messbare Leistung umwandelt. Ohne sie führt ständige Steigerung nicht zum Gipfel, sondern direkt in ein tiefes Ermüdungsloch.

Die wöchentliche Steigerung, die bei 50% in Erschöpfung statt Fortschritt mündet

Die Motivation ist hoch, das Ziel klar – doch die Grenze zwischen produktiver Belastung und schädlicher Überlastung ist schmal. Ein häufiger Fehler ambitionierter Athleten ist die Annahme, dass eine stetige Steigerung von Intensität und Umfang gleichzeitig der schnellste Weg zum Erfolg sei. In der Praxis führt diese Strategie jedoch oft direkt ins Gegenteil: in einen Zustand systemischer Ermüdung, aus dem man sich nur schwer erholt. Die goldene Regel der Progression lautet daher: Steigern Sie entweder die Intensität ODER den Umfang, aber niemals beides gleichzeitig in einem Trainingsblock.

Um diese Balance objektiv zu steuern, ist der Training Stress Balance (TSB) ein unverzichtbares Werkzeug. Der TSB-Wert (auch als „Form“ bezeichnet) setzt die kurzfristige Ermüdung (Acute Training Load, ATL) ins Verhältnis zur langfristigen Fitness (Chronic Training Load, CTL). Ein leicht negativer TSB (z.B. -10 bis -20) ist ideal für produktives Training. Fällt der Wert jedoch dauerhaft unter -25, signalisiert dies eine akute Erschöpfungsgefahr. Die Wahrscheinlichkeit für Leistungseinbrüche, Infekte und Verletzungen steigt exponentiell. Mehr als die Hälfte der Athleten, die diesen Wert über längere Zeit ignorieren, landen in einem Zustand des Non-Functional Overreaching, bei dem keine positive Leistungsanpassung mehr stattfindet.

Ein anschauliches Praxisbeispiel ist die Vorbereitung auf einen anspruchsvollen Radmarathon. Ein Amateurfahrer, der sich auf den Schwarzwald Super! vorbereitete, dokumentierte seinen Weg. Durch konsequentes TSB-Monitoring hielt er seinen Wert in den intensiven Trainingswochen konstant über -20. In den entscheidenden zwei Wochen vor dem Event reduzierte er die Belastung strategisch (Tapering), sodass sein TSB am Renntag einen positiven Wert von +10 erreichte. Das Ergebnis: Er konnte seine volle Leistungsfähigkeit abrufen und finishte mit einer persönlichen Bestzeit, anstatt erschöpft am Start zu stehen.

Gerade für Anfänger ist die Gefahr der Übermotivation groß. Bei einer noch geringen Grundfitness (z.B. FTP von 2.4 W/kg) sind vier bis maximal fünf Trainingstage pro Woche das absolute Maximum. Sechs oder mehr Einheiten führen fast zwangsläufig zu unzureichender Regeneration und einem Absturz des TSB-Wertes. Fortschritt ist kein Sprint, sondern ein strategisch gesteuerter Marathon.

Wann im Trainingszyklus testen Sie, um echten Fortschritt zu messen?

Ein FTP-Test ist mehr als nur eine anstrengende 20-Minuten-Einheit; er ist ein diagnostisches Werkzeug. Sein Wert hängt jedoch entscheidend vom richtigen Timing ab. Ein Test am Ende eines harten Trainingsblocks misst vor allem die aktuelle Ermüdung, nicht den tatsächlichen Leistungszuwachs. Die wahre Anpassung, die Superkompensation, findet erst in der anschließenden Erholungsphase statt. Der renommierte Sportwissenschaftler Dr. Andrew Coggan, einer der Väter der Leistungsmessung, bringt es auf den Punkt:

Der wahre Leistungszuwachs zeigt sich erst nach der Erholungsphase, also zu Beginn des nächsten Zyklus, nicht am Ende eines Belastungsblocks.

– Dr. Andrew Coggan, Wattmessung im Radsport und Triathlon

Der ideale Zeitpunkt für einen Leistungstest ist daher immer nach einer Regenerationswoche. Der Körper ist ausgeruht, die Glykogenspeicher sind voll, und der TSB-Wert sollte sich im leicht positiven Bereich (ideal: +5 bis +15) befinden. Nur unter diesen standardisierten, erholten Bedingungen ist das Testergebnis aussagekräftig und vergleichbar. Ein Test unter hoher Vorbelastung würde zu einem zu niedrigen FTP-Wert führen, was wiederum zur Folge hätte, dass die Trainingszonen für den nächsten Block zu niedrig angesetzt werden – ein direkter Weg in die nächste Stagnationsphase.

Ein strukturierter Testkalender hilft dabei, diese wichtigen diagnostischen Punkte über das Jahr zu verteilen, um das Training immer wieder auf Basis valider Daten neu auszurichten. Die folgende Checkliste bietet einen bewährten Rhythmus, der sich an den typischen Phasen einer Saison in Deutschland orientiert.

Ihr Plan für valide Leistungstests: Der deutsche FTP-Test-Kalender

  1. Baseline-Test (Oktober/November): Führen Sie nach der Saisonpause einen Ausgangstest durch, um die Basis für das strukturierte Wintertraining zu legen.
  2. Zwischen-Check (Januar/Februar): Testen Sie nach dem ersten Grundlagenblock, um die Trainingszonen für die intensiveren Einheiten im Frühjahr präzise anzupassen.
  3. Saisonstart-Test (April): Überprüfen Sie Ihre Leistung vor Beginn der Freiluftsaison und den ersten RTFs, um optimal vorbereitet zu sein.
  4. Mid-Season-Optimierung (Juni): Führen Sie einen Test in der Hauptwettkampfphase durch, um die Zonen für die finale Formzuspitzung zu justieren.
  5. Goldene Regel des Timings: Planen Sie jeden Test konsequent nach einer abgeschlossenen Regenerationswoche, wenn Ihr TSB-Wert zwischen +5 und +15 liegt, um eine verlässliche Messung sicherzustellen.

Wann im Trainingsjahr sollten Sie Ihre Leistungsgrenzen neu testen?

Die Frage nach dem „Wann“ eines Leistungstests geht über den reinen Trainingszyklus hinaus und betrifft die strategische Jahresplanung. Während Tests alle 8-12 Wochen den Trainingsfortschritt validieren, gibt es Schlüsselmomente im Jahr, in denen eine Neubewertung der Leistungsgrenzen nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist. Diese strategischen Tests dienen nicht nur der Anpassung der Trainingszonen, sondern auch der mentalen Neuausrichtung und Zielsetzung für die kommende Phase.

Der wichtigste Testzeitpunkt des Jahres ist zweifellos am Ende der Übergangsperiode und vor Beginn des strukturierten Wintertrainings (typischerweise im Oktober oder November). Nach einer Phase der relativen Ruhe und des unspezifischen Trainings liefert dieser Test eine ehrliche Bestandsaufnahme. Er definiert die Ausgangs-FTP, auf der der gesamte Aufbau für die neue Saison basieren wird. Ohne diese Baseline ist jedes Wintertraining ein Blindflug.

Ein weiterer unverzichtbarer Testzeitpunkt ist vor dem Beginn der Hauptwettkampfsaison oder der ersten wichtigen Events (März/April). Nach Monaten des Grundlagen- und Aufbau-Trainings sollte hier ein signifikanter Leistungszuwachs messbar sein. Dieser Test bestätigt nicht nur die Effektivität des Wintertrainings, sondern kalibriert auch die Intensitätsbereiche für die spezifische Wettkampfvorbereitung. Hier entscheidet sich, ob die Sweet-Spot-Intervalle bei 280 oder 300 Watt gefahren werden – ein Unterschied, der über Erfolg oder Misserfolg in den entscheidenden Rennphasen bestimmen kann. Ein dritter, oft vernachlässigter Test kann mitten in der Saison sinnvoll sein, um einer möglichen Form-Stagnation vorzubeugen und die Intensität für die zweite Saisonhälfte nachzujustieren.

Das Testen der Leistungsgrenzen ist somit kein Selbstzweck, sondern ein integraler Bestandteil der strategischen Periodisierung. Es sind die Wegweiser, die sicherstellen, dass die Trainingslandkarte noch mit dem tatsächlichen Terrain übereinstimmt und der eingeschlagene Weg weiterhin zum Ziel führt.

Welche 5 Kennzahlen analysieren Sie sonntags in 15 Minuten für Trainingssteuerung?

Eine erfolgreiche Trainingssteuerung basiert auf regelmäßiger Analyse, muss aber nicht kompliziert sein. Anstatt sich in Daten zu verlieren, reicht eine fokussierte 15-Minuten-Analyse am Sonntag aus, um die Weichen für die kommende Woche richtig zu stellen. Fünf Schlüsselmetriken geben einen umfassenden Überblick über Fitness, Ermüdung und die Qualität des absolvierten Trainings. Sie sind Ihr wöchentliches Cockpit zur Feinjustierung des Kurses.

Diese Kennzahlen helfen Ihnen, frühzeitig Trends zu erkennen und proaktiv zu handeln, anstatt auf Leistungseinbrüche oder Überlastungssymptome zu reagieren. Die Analyse zeigt nicht nur, *was* Sie trainiert haben, sondern vor allem, *wie* Ihr Körper darauf reagiert hat. Eine verbesserte Herzfrequenz-Erholung ist beispielsweise ein starker Frühindikator für wachsende Fitness. So zeigt eine um 5 Schläge verbesserte HF-Erholung nach Intervallen oft schon 2-3 Wochen vor einem Anstieg des FTP-Wertes eine positive Anpassung an.

Die folgende Tabelle fasst die fünf wichtigsten Metriken für Ihre Sonntagsanalyse zusammen. Nehmen Sie sich die Zeit, diese Werte in Ihrer Trainingssoftware (z.B. TrainingPeaks, WKO5, Golden Cheetah) zu überprüfen und die entsprechenden Handlungsempfehlungen für Ihre kommende Trainingswoche abzuleiten.

Wöchentliche Leistungsanalyse: Ihre 5-Minuten-Checkliste
Kennzahl Zielbereich Bedeutung Handlungsempfehlung
Aerobe Entkopplung (Pw:HR) <5% Indikator für Grundlagenausdauer Bei >5% mehr GA2-Training einbauen
W’bal Entleerung 80-90% in Rennen Anaerobe Reserve-Nutzung Bei <70% mehr hochintensive Intervalle planen
HF-Erholung nach 1 Min >30 Schläge Fitness- und Erholungslevel Bei <20 Schlägen Regeneration priorisieren
Variability Index (VI) 1.00-1.05 Qualität des Pacings Bei >1.10 an gleichmäßigerer Leistung arbeiten
TSB-Trend (Form) -10 bis -20 Balance zwischen Form & Ermüdung Bei <-25 in der Folgewoche Belastung reduzieren

Diese regelmäßige, datengestützte Reflexion ist der Unterschied zwischen blindem Abarbeiten eines Plans und einer intelligenten, agilen Trainingssteuerung. Sie verwandelt Daten in Entscheidungen und sorgt dafür, dass jede Trainingswoche Sie Ihrem Ziel einen Schritt näherbringt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Stagnation ist meist die Folge von monotonem Training, nicht von fehlendem Talent.
  • Eine zyklische Progression, bei der alle 3 Wochen ein Trainingsparameter gezielt verändert wird, erzwingt kontinuierliche Anpassungen.
  • Blockperiodisierung mit geplanten Erholungsphasen führt zu größeren Leistungssprüngen als eine rein lineare Steigerung.

Wie steigern Sie Ihre Radleistung um 15% durch intelligente Datenauswertung?

Die Vorstellung, die eigene Radleistung um 15 % in einer Saison zu steigern, mag für einen stagnierenden Athleten utopisch klingen. Doch dieser Sprung ist keine Frage von Magie oder genetischer Veranlagung, sondern das Ergebnis einer konsequenten, intelligenten Datenauswertung. Die in diesem Artikel vorgestellten Werkzeuge – von der zyklischen Parameter-Manipulation über die Blockperiodisierung bis hin zur wöchentlichen Analyse von Schlüsselmetriken – sind die Bausteine einer umfassenden Strategie. Sie ermöglichen es, vom reaktiven „Trainieren nach Gefühl“ zu einem proaktiven, datengestützten Steuerungsprozess überzugehen.

Der Kern dieser Methode ist die Verlagerung des Fokus von der reinen Quantität („Wie viel habe ich trainiert?“) hin zur Qualität und Reaktion („Wie hat mein Körper auf das Training reagiert?“). Anstatt blind einem starren Plan zu folgen, nutzen Sie Daten wie die aerobe Entkopplung (Pw:HR), um zu entscheiden, ob Ihre Grundlagenausdauer solide ist, oder den TSB-Trend, um zu bestimmen, ob Sie für den nächsten harten Trainingsblock bereit sind. Jede Trainingseinheit erzeugt Daten, und jede Analyse dieser Daten führt zu einer besseren Entscheidung für die nächste Einheit.

Dieser Ansatz verwandelt Ihren Radcomputer und Ihre Trainingssoftware von reinen Aufzeichnungsgeräten in ein leistungsstarkes Diagnose- und Steuerungscockpit. Er befähigt Sie, die Sprache Ihres Körpers, die er über Herzfrequenz, Leistung und Erholungswerte spricht, zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren. Die jährliche Steigerung von 10-15 % ist somit kein Zufallsprodukt, sondern das logische Resultat hunderter kleiner, richtiger Entscheidungen, die über die Saison getroffen wurden – basierend auf objektiven Daten statt auf Vermutungen.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihr Training nicht nur zu absolvieren, sondern zu analysieren. Setzen Sie diese strategischen Prinzipien um, um Ihre Plateaus zu durchbrechen und Ihr volles Potenzial auf der Straße zu entfalten.

Häufige Fragen zur Steigerung der FTP im Radsport

Kann ich 6 Mal pro Woche trainieren als Anfänger?

Bei einer FTP von 2.4 W/kg (untrainiert) sind 4, maximal 5 Trainingstage pro Woche optimal. Übermotivation und zu wenig Ruhephasen sind der häufigste Anfängerfehler und führen schnell zu Überlastung statt zu Fortschritt.

Was bedeutet ein TSB-Wert unter -25?

Ein Training Stress Balance (TSB) unter -25 signalisiert eine akute Erschöpfungsgefahr. Die Wahrscheinlichkeit für einen Leistungseinbruch, erhöhte Infektanfälligkeit und Verletzungen steigt deutlich an. In diesem Fall sollte die Belastung umgehend reduziert werden.

Sollte ich Intensitäts- und Umfangssteigerung kombinieren?

Nein. Dies ist ein klassischer Fehler, der zu systemischer Ermüdung führt. Die beste Praxis ist, abwechselnd entweder die Intensität (z.B. härtere Intervalle) ODER den Umfang (z.B. längere Fahrten) zu steigern, aber niemals beide Parameter gleichzeitig in einem Trainingsblock.

Geschrieben von Lars Schmidt, Lars Schmidt ist Diplom-Sportwissenschaftler und seit 16 Jahren lizenzierter Radsport-Trainer (A-Lizenz Deutscher Olympischer Sportbund). Er leitet ein Trainingsanalyse-Labor in Frankfurt und betreut sowohl Hobbysportler als auch ambitionierte Amateure in wissenschaftlich fundierter Leistungsoptimierung.